

NZZ Gastkommentar von Andreas Abegg vom 15. Februar 2018:
Der Bericht des Bundesrats zu «Staat und Wettbewerb» scheint ohne Folgen zu bleiben. Mit dem Gateway Basel Nord droht der nächste schwere Sündenfall.
Am 8. Dezember 2017 hat der Bundesrat seinen Bericht zu den öffentlichen Unternehmen und deren Auswirkung auf den Wettbewerb publiziert. Der Bericht ist in der Analyse treffend (Wettbewerbsverzerrungen), im Fazit zahm: Die Probleme seien adressiert und weitgehend gelöst. Es scheint, also ob der Verfasser des Fazits die vorangehenden Ausführungen nicht gelesen hätte. Zu Recht forderte darauf Jürg Müller in der NZZ vom 08.12.17 eine klarere Trennung von Staat und Privatwirtschaft. Das ist im Grundsatz richtig. Staatsunternehmen können allerdings im Wettbewerb dort eine wichtige Funktion ausüben, wo dieser Güter nicht produziert, welche für die Gesellschaft essenziell sind. Staatsunternehmen sollten entsprechend nur bei Marktversagen und legitimiert durch einen klaren demokratischen Willen in den Wettbewerb eintreten dürfen.
Ein aktuelles Beispiel ist das Grossprojekt Gateway Basel Nord: Mit dem am 20. Dezember 2017 verabschiedeten Bundeskonzept für den Gütertransport auf der Schiene und einer Absichtserklärung bekräftigt das Bundesamt für Verkehr, dass der über 250 Millionen Franken teure Containerterminal Gateway Basel Nord gebaut und damit die Kapazität des bis anhin freien Markts für Containerumschläge verdoppelt werden soll.
Verantwortlich dafür sind Staatsunternehmen, nämlich ein Konsortium unter der Führung der bundeseigenen SBB Cargo, unter Mitwirkung der Schweizerischen Rheinhäfen, welche im Besitz beider Basel stehen. Für diesen Einsatz im freien Markt kommt offensichtlich Geld zum Nulltarif direkt oder indirekt vom Staat, denn SBB Cargo hat seit ihrer Gründung im Jahr 1999 rund eine Milliarde Verlust angehäuft. Zudem macht eine von der Wirtschaftskammer Baselland bestellte empirische Studie der ZHAW darauf aufmerksam, dass das geplante Gateway eine dominante Marktposition im Containerverlad erhalten wird.
In der Folge sollen dann wohl die Container vermehrt auf hochdefizitäre Züge der SBB Cargo geleitet werden, denn mit der in Vernehmlassung stehenden Bahninfrastruktur 2030/35 will der Bund die Infrastruktur von SBB Cargo stärken. Paul Schneeberger bemerkte bereits am 19. April 2016 in der NZZ, dass sich eine dezentrale, marktbasierte und eine staatliche, zentralisierte Lösung gegenüberstünden. Allerdings hat sich der Gesetzgeber bis heute nie dazu geäussert, ob er mit Staatsunternehmen den bis anhin freien Markt für Containerumschläge derart markant verändern oder gar beseitigen will.
Der Bundesrat muss sich – gerade im Fall des Gateway Basel Nord – an seinem eigenen Bericht zu den öffentlichen Unternehmen messen lassen, und die Gerichte sollten diese Vorgaben einfordern: Erstens müssen Staatsunternehmen, sofern sie in den freien Wettbewerb eingreifen, über eine klare gesetzliche Grundlage verfügen. Zweitens dürfen sie bestehenden Wettbewerb nicht beseitigen. Drittens sind jegliche Ungleichbehandlungen gegenüber privaten Konkurrenten zu unterbinden. Und viertens sind staatliche Beihilfen zu regeln und ist die Quersubventionierung von Staatsaufgaben zu Wettbewerbsbereichen zu verbieten.
Wenn diese Vorgaben endlich durchgesetzt würden, bestünden weniger Wettbewerbsverzerrungen. Zudem müsste man sich weniger um Übernahmen von schweizerischen Unternehmen durch ausländische Staatsbetriebe sorgen. Vor allem aber würden öffentliche Unternehmen ihre Legitimation als Vermittler zwischen Staat und Wirtschaft zurückerhalten. Die Produktion von Leistungen nach wirtschaftlichen Prinzipien unter politischer Steuerung muss in einer liberalen Marktwirtschaft die Ausnahme bleiben. Unmittelbar droht nun aber der nächste ordnungspolitische Sündenfall – am Rheinknie.
Andreas Abegg, Gastkommentar NZZ